Es sind seit meinem letzten Eintrag schon wieder mehr als fünf Monate vergangen. Doch dieser Zeitraum war auch sehr intensiv und die Ereignisse überschlugen sich regelrecht. Momente der großen Freude wurden von Momenten voller Angst, Frustration und Resignation abgelöst. Ich bin vor ein paar Tagen aus dem alljährlichen Urlaub aus Ungarn zurückgekommen und sitze wieder einmal an einem Schreibtisch in meinem Hotelzimmer anstatt in unserer Wohnung und versuche, die verschiedenen Gefühlslagen auch chronologisch auf die Kette zu bekommen.

Seit Anfang Juni bin ich wieder in einem Zimmer meines Hotels untergebracht. Am Freitag, dem 3. Juni kam ich gegen 15h00 von der Arbeit nach Hause, wo es vor unserem Gebäude nur so von Feuerwehr und Polizei wimmelte. Agneska und ich haben vor rund anderthalb Jahren eine Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus (8 Parteien) in Meckenheim gekauft. Wir wohnen ganz oben links. In der Wohnung ganz unten rechts hatte ein defektes Handy einen sich schnell entwickelnden Brand entfacht. Die Mieter flohen nach draußen, sodass der Qualm durch das ganze Treppenhaus und alle anderen Apartments in Mitleidenschaft zog, zumal die Feuerwehr sich gewaltsamen Zutritt zu allen Wohnungen verschafft hatte, um nachzuschauen, dass niemand zurückblieb.

Als ich also ankam, war das Feuer schon gelöscht. Mein erster Gedanke war von Erleichterung geprägt, zumal Agneska erst tags zuvor eine dreiwöchige Reise ins Ausland angetreten hatte und somit nicht anwesend war. Die Erleichterung wich der Bedrückung, als mir erlaubt wurde, schnell ein paar Klamotten aus der Wohnung zu holen, ehe sie versiegelt wurde. Ich ging also durch das einer Kriegszone gleichende Treppenhaus die Stufen hinauf und konnte auf jeder Etage sehen, was der Brand auch in den anderen Wohnungen angestellt hatte, ehe ich meine ganz oben erreicht hatte. Auf den ersten Blick sah alles ganz normal aus, was mich dann auch wieder durchatmen ließ. Gerade im Eingangsbereich hatten der Rauch und natürlich die Feuerwehr ihre Spuren hinterlassen, aber der Rest sah recht gut aus.

Der Chef von der Immobilienverwaltung sagte uns, dass die Gebäudeversicherung die Kosten der Schäden und der provisorischen Unterkunft übernehmen würde. Eigentlich wäre ich an dem Tag eine halbe Stunde eher, also zum Zeitpunkt des Brandes, nach Hause gekommen. Aber ein unerwarteter Besuch eines Lieferanten verzögerte glücklicherweise meine Ankunft, sodass mir eine Evakuierung über den Balkon oder meine Präsenz an der Haustür erspart blieb.

Ich hatte mir also in der Kürze der Zeit einen kleinen Koffer mit Kleidung zusammengestellt und ein paar Ordner aus der Wohnung mitgenommen. Aber irgendwie geschah alles wie in Trance und natürlich hatte ich nicht alles dabei, was ich für die nächsten Wochen brauchen würde. Ich versuchte vergeblich in einem Hotel in Meckenheim unterzukommen, um in der Nähe bleiben zu können. Stattdessen rief ich vom Parkplatz des Hotels meine Rezeptionschefin an, und bat sie, mir ein Zimmer zu reservieren. Denn wir waren auch fast voll ausgebucht, weil wir seit März ebenfalls 25 Zimmer an Brandopfer vermietet haben. Nachdem ich meinen Freund und Finanzberater Björn Schulte angerufen hatte, um sich um meine Hausratsversicherung zu kümmern, rief ich meine Schwester Yvonne an. Dabei übermannten mich ein wenig die Gefühle, weil die Umstände doch ein bisschen viel für mich waren. Ich konnte das Pfingstwochenende bei ihr und ihrer Familie in Iserlohn verbringen, sodass ich erst am Abend des Pfingstmontags in meinem Hotel eincheckte.

Nun ärgere mich mit meiner Hausratsversicherung herum, weil sich die von der Brandsanierungsfirma ursprünglich veranschlagten Kosten fast verzehnfacht haben. Denn es stellte sich dann doch nach einer weiteren Begehung heraus, dass nicht nur der Eingangsbereich von Rußablagerungen befallen ist, sondern die ganze Wohnung. Während die Versicherungen der anderen Mieter/Eigentümer die Kosten durchgewunken haben, will meine nun selbst einen Schadenregulierer hinschicken, der sich aber noch immer nicht für einen Termin bei mir gemeldet hat.

Wie gesagt, war Agneska glücklicherweise an dem Tag nicht vor Ort. Dabei möchte ich vom doppelten Glück sprechen. Denn nicht nur sie wurde vor dem Einatmen des Rauches bewahrt, sondern auch das ungeborene Leben, das seit Mitte Februar in ihrem Körper wächst und gedeiht. Kurz gesagt, sie ist schwanger und wir erwarten für Ende November einen kleinen Jungen. Wir hatten die Hoffnung eigentlich schon aufgegeben, aber wie aus dem Nichts gab auf einmal der Test ein positives Signal. Desto wichtiger ist es für mich, dass wir so schnell wie möglich wieder in unser Heim können, um auch dort die Ankunft des Nachwuchses vorbereiten zu können.

Unser Hotel ist eigentlich schon das ganze Jahr sehr gut gebucht. Doch trotzdem läuft bei Weitem nicht alles rund. Für die Reinigung der Zimmer und Wäsche arbeiten wir mit Fremdfirmen, die mir einiges Kopfzerbrechen bereiten. Wie in so vielen Bereichen fehlt es an Quantität und Qualität. Morgen wird mein erster Tag zurück im Büro nach meinem zweiwöchigen Urlaub sein, und ich weiß schon jetzt, dass ich wieder ganz andere Brände austreten werden muss.

Zum Glück habe ich aber noch mit meiner Tätigkeit als Trainer einer Fußball-Damenmannschaft von RW Merl eine sehr positive Abwechslung in meinem Leben. Und wir haben es tatsächlich geschafft, als bester Zweiter aller acht Kreisligen in Bonn in die Bezirksliga aufzusteigen. Dabei fiel die Entscheidung erst am letzten Spieltag. Unser ärgster Konkurrent aus Brauweiler patzte mit 0:3 in Mutscheid (Bad Münstereifel), sodass unser 10:0-Sieg gegen ISC Alhilal Bonn uns den Weg in die höhere Klasse ebnete. Nach dem Spiel haben wir zusammen mit der 1. Damen-Mannschaft, die ebenfalls als Meister der Landesliga in die Mittelrheinliga aufgestiegen ist, sowie mit allen Mädchen-Mannschaften am Vereinsheim die Korken knallen lassen. Am kommenden Mittwoch starten wir nun in die Saisonvorbereitung und freuen uns auf das neue Abenteuer.

Die neun Tage in Ungarn waren einerseits erholsam aber auch intensiv. Ein kleiner Tipp: Wer es irgendwie vermeiden kann, in den nächsten Wochen zu fliegen, sollte es tun. Am Flughafen Köln/Bonn brauchten wir anderthalb Stunden, um durch den Security-Check zu kommen. Dann saßen wir eine halbe Stunde im Flugzeug, ehe es wirklich losging. Zum Glück kam unser Gepäck an. Zurück bin ich alleine geflogen, weil Agneska eine Woche länger in Ungarn bleibt. Zwar ging der Security-Check in Budapest schneller, dafür warteten wir im Flieger sitzend anderthalb Stunden. Denn es fehlt nicht nur an Personal in den Terminals, sondern auch bei der Luftraumüberwachung, sodass nur eine begrenzte Anzahl an Flugzeugen zum selben Zeitpunkt die verschiedenen Korridore überfliegen darf.

Die ersten Tage wurden wir von Agneska’s Nichte und Neffen (Norina und Balazs) vereinnahmt. Bazsi ist mittlerweile acht Jahre alt und absolut fußballverrückt. Und natürlich wollte er von dem „Erfolgscoach“ ein individuelles Training haben, was er auch bekommen hat. Wir besuchten Paula und Janos in Gyönk, die als Winzer schon wieder einige Preise abgestaubt hatten. Ich liebe es einfach, bei Ihnen auf dem Hof und in den Weinbergen zu sein. Wir machten zudem einen Abstecher nach Szekszard, wo Klara’s (Agneska’s Mutter) Laszlo und seine Tochter Zita leben. Mit Zita verbrachen wir dann noch zwei Tage im Kurort Heviz, wo wir unter anderem eine Wanderung zu einer Burg machten, einen buddhistischen Friedensschrein besichtigten und zum Plattensee fuhren. Ebenfalls am Plattensee trafen wir uns an einem Nachmittag schon wie letztes Jahr mit Agneska’s Schulfreunden.

Es ging also in den letzten Monaten ein wenig turbulent zu. Wer mich kennt, weiß, dass ich grundsätzlich ein positiver Mensch bin. Natürlich freue ich mich darauf, bald Vater zu werden. Ich bin stolz auf die Entwicklung meiner Mannschaft und sehe der neuen Saison mit Vorfreude entgegen. Es könnte alles so schön sein, wenn man jetzt nicht gleichzeitig am eigenen Leib miterleben muss, inwieweit der Staat, Institutionen, Versicherungen, Lieferketten usw. Brach liegen. Der Krieg in der Ukraine, die Energieversorgung, der Mangel an Arbeitskräften etc. machen mir Angst. Wann kann ich was bekommen? Wieviel muss ich nun für was bezahlen? Wieviel ist mir meine Freiheit wert? Wie sieht die Weltordnung nach dem Ukraine aus? Fragen über Fragen, die eine gewisses Gefühl von Unsicherheit vermitteln.

Desto wichtiger ist es dann für mich zu wissen, dass in den letzten Monaten in all diesen Phasen meine Familie und Freunde wie eine eins zu mir gestanden haben. Nochmals vielen Dank dafür!