Es ist Montag, der 15. Januar 2024, 10:30 Uhr. Unsere Rucksäcke sind gepackt, aber noch wissen wir nicht, in welchen Flieger wir heute Nachmittag steigen werden. Eigentlich hatten wir vorgehabt, im Süden von Iran unseren Urlaub zu verbringen, aber nachdem Agneska und Kris schon vor gut zwei Wochen ihr Visum in der Tasche hatten, wartete ich vergebens auf das grüne Licht des iranischen Regimes.

Normalerweise wollten wir schon am Freitag los, aber das ging eben nicht. Als nun heute noch immer keine guten News da waren, griffen wir auf Plan B zurück. Agneska buchte uns Flüge von Köln über Istanbul nach Alexandria in Ägypten. Gleichzeitig fand sie auch noch eine schöne Wohnung im 10. Stock mit direktem Blick aufs Mittelmeer. Ich organisierte uns noch schnell einen kostengünstigen Parkplatz in Köln-Kalk, von wo aus uns dann der Parkplatz-Betreiber binnen zehn Minuten zum Flughafen brachte.

Gegen 16 Uhr hoben wir dann ab und machten uns auf den rund dreistündigen Flug nach Istanbul, den Kris fast vollständig verschlief. In Istanbul hatten wir drei Stunden Aufenthalt, und Kris lief in der Flughafenhalle fast einen Marathon. So schlief er auch auf dem Weiterflug nach Alexandria durch. Dann ging es mit dem Taxi in die Stadt, und gegen 3h30 waren wir endlich angekommen.

Dienstag, 16.01.24: Am nächsten Tag machten wir uns dann auf Entdeckungsreise. Alexandria zieht sich schier endlos die Mittelmeerküste entlang. Wir nutzten dabei vor allem die lokalen Busse, weil die verschiedenen Sehenswürdigkeiten nicht gerade nah beieinander liegen. So besuchten wir den Park um den Montazza-Palace und die Citadelle, ehe wir in der herrlichen Gleem-Bay speisten.

Mein persönliches Highlight war die rund halbstündige Rückfahrt mitten im Berufsverkehr zu unserer Wohnung. Offiziell ist die Hauptstraße entlang der Küste dreispurig angelegt, aber sie wird siebenspurig genutzt. Wir saßen in einem kleinen Transporter und der Fahrer schlängelte sich von links nach rechts und wieder zurück durch die reelle Siebenspurigkeit. Und alle anderen Verkehrsteilnehmer machten das auch. Ich saß ganz hinten und musste durchgehend lachen. Es erinnerte mich an unsere Reise vor gut zehn Jahren in Marokko, wo ich selbst in Casablanca am Steuer saß und mit denselben Bedingungen konfrontiert wurde. Seitdem hatte ich mir geschworen, nie wieder in einem nordafrikanischen Land ein Auto zu mieten. Ach ja, und Kris hat von alldem selbstverständlich nichts mitbekommen.

Mittwoch 17.01.24: Den Tag haben wir noch in Alexandria verbracht und vor allem die Altstadt unter die Lupe genommen. Am Abend nahmen wir dann einen Nachtzug, der uns in den Süden nach Assuan brachte. Dabei lernten wir einige bemerkenswerte Personen kennen. Zunächst war da der Verkäufer eines kleinen Shops auf dem Bahnsteig in Alexandria. Wir waren rund 45 Minuten vor Abfahrt dort und der junge Mann sah sofort, dass wir mit einem Baby unterwegs waren. Er besorgte uns Sitzgelegenheiten, sterilisierte das Fläschchen, besorgte uns heißes Wasser und brachte uns zu unserem zugeteilten Waggon.

Während wir warteten, machten wir zudem Bekanntschaft mit einem jungen Pärchen, dass sich vor zwei Jahren übers Internet kennen- und lieben gelernt hatte. Sie kam aus Jordanien und er aus Ägypten. Dabei war die gesamte Familie der jungen Frau im Schlepptau. Denn die Familie sollte die des jungen Mannes kennenlernen und die Hochzeit unter Dach und Fach bringen. Normalerweise läuft es genau andersherum. Aber wir erfuhren, dass es für Ägypter sehr schwierig ist, Visas für Jordanien zu bekommen. Die beiden Verlobten sprachen perfektes Englisch und machten einen sehr verliebten Eindruck. Andere Länder, andere Sitten…

Der Zug war nicht ganz das, was wir erwartet hatten. Denn für eine rund 15-stündige Zugfahrt hatten wir mit ein bisschen mehr Komfort gerechnet, aber letztlich war es ein ganz normaler Zug, bei dem man ein bisschen mehr Beinfreiheit hatte als üblich. Trotz alledem fanden wir ein paar Stunden Schlaf und kamen am frühen Nachmittag in Assuan an. Wir checkten im Bob-Marley-Guest-House auf der Elephantine-Insel ein und buchten noch schnell für den morgigen Tag eine Tour zum berühmten Assuan-Staudamm. Man merkt sofort, dass Assuan wesentlich touristischer als Alexandria ist. Ständig wird man angesprochen, irgendetwas zu kaufen oder zu buchen.

Freitag, 19.01.24: Nach dem Frühstück ging es dann zum Assuan-Staudamm. Mit Sicherheit ein Highlight unserer Rundreise. Man kann mit Worten kaum beschreiben, wie eindrucksvoll dieses architektonische Meisterwerk ist. Nach einem ausgiebigen „Seafood-Mittagessen“ machten wir uns dann noch auf eine rund vierstündige Bootstour zu einem nubischen Dorf, einem alten Kloster, einem Mausoleum und alten Grabstätten von wo aus wir einen herrlichen Ausblick auf die Stadt Assuan , den Elephantine- und Kitcheninseln hatten.

Samstag, 20.01.24: Morgens um 4 Uhr wurde ich von einem Minibus abgeholt, während Agneska und Kris in Assuan blieben. Ich machte mich mit einer organisierten Tour auf zu dem berühmten Abu-Simbel-Tempel, der etwa 300 Kilometer entfernt liegt. Ich war sehr von diesem Monument angetan, das zwischen 1960-71 komplett abgebaut und rund 100 Meter höher wieder aufgebaut wurde, weil es Gefahr lief vom Nil verschluckt zu werden. Als ich am frühen Nachmittag zurückkehrte, wartete meine Familie schon auf der „Prince Omar“ auf mich.

Denn wir hatten uns zu einer zweitägigen Nil-Kreuzfahrt nach Luxor entschieden. Schon am ersten Abend gab es einen Zwischenstopp, wo wir den Kom-Ombo-Tempel besuchten. Gerade in der Dämmerung war es sehr schön dort. Am nächsten Morgen legten wir in Edfu an, wo ich schon um 5h30 zum Edfu-Tempel kutschiert wurde. Eigentlich auch ein schöner Ort, aber es herrschte dort ein ziemliches Chaos, weil rund 1000 Leute auf einmal durchgeschleust wurden.

Der Rest des Tages wurde dann dem Relaxen gewidmet, was Kris besonders gut gefiel. Er konnte auf dem Deck herumrennen wie er wollte. Das Schiff war nämlich bei einer Kapazität von 150 Personen nur zu einem Drittel belegt. Trotzdem lernten wir am Nachmittag sehr interessante Menschen kennen. Wir saßen auf Deck an einem Tisch mit einem Pärchen aus den Niederlanden und China, das von einem ägyptischen Tour-Guide begleitet wurde. Außerdem war da noch Rania aus Tunesien, die aber schon seit zwölf Jahren in Katar lebt, und ein junger Mann aus dem Oman. Wir plauderten bis in die Abendstunden und schauten uns dann nach dem Essen noch gemeinsam eine Vorführung einer Bauchtänzerin sowie eines Folkloretänzers an.

In Luxor hatten wir uns im Suzana-Hotel eingebucht und merkten schnell, dass die Aggressivität der ägyptischen Verkäufer hier auf ein noch höheres Level gehoben wurde. Vielleicht lag es auch daran, dass wir als Familie mit einem Baby als ein „Easy Target“ auserkoren wurden. Ich habe ja nichts dagegen, wenn mich hundert Verkäufer in ihre Läden einladen und ich dann hundert Mal „Nein“ sagen muss. Das Schlimme ist nur, dass auch ein mehrfaches „Nein“ einfach nicht akzeptiert wird. Am Abend wollten wir uns eigentlich nur ein bisschen die Beine vertreten, als uns ein Kutscher fast über einen Kilometer entlang begleitete. Ich war schon dazu gezwungen, ihn arg zu beschimpfen, bis er endlich von uns abließ. Auch sonst scheinen gerade die Ägypter, die im Tourismusbereich arbeiten, überhaupt keine moralische „Rote Linie“ zu haben. Sie versuchen es skrupellos, dich übers Ohr zu hauen. Sei es bei Ticketverkäufen, in den Bazars oder sonst irgendwo. Das war schon sehr nervig und schade. Denn eigentlich möchten wir auf unseren Reisen auch gerne mit den Einheimischen in Verbindung treten. Aber sobald einer freundlich zu sein scheint und vielleicht wirklich nur helfen möchte, hält er letztlich nur die Hand auf. Der Staat spielt das Spiel aber auch nur zu gerne mit. Eigentlich wollten wir mit dem Zug wieder in Richtung Norden. Für einen Ägypter hätte das Ticket 10 Dollar gekostet, für uns um die 50 Dollar.

Trotzdem ließen wir es uns nicht nehmen, die bekannten Sehenswürdigkeiten in Luxor zu besichtigen. Wir fanden einen relativ günstigen Fahrer, der uns ins Tal der Könige, zum Totentempel der Hatschepsut und zum Habu-Tempel brachte.

Uns war aber klar, dass wir so schnell wie möglich aus Luxor herauswollten. Agneska hatte schon sehr viel über die Siwa-Oase erzählt, die auch auf verschiedenen Foren im Internet gepriesen wurde. So buchten wir einen Inlandflug von Luxor nach Kairo, von wo aus wir dann einen Nachtbus nach Siwa nahmen. Wir kamen morgens um 7:00 Uhr dort an und konnten gleich in einem urigen Guest-House einchecken. Am Nachmittag nahmen wir an einer Jeep-Safari in der Sahara teil, wo wir bei einem kleinen Lagerfeuer auf einer Sanddüne den Sonnenuntergang beobachteten. Am nächsten Tag machten wir eine Oasen-Tour mit dem Tuk-Tuk, wobei der Fahrer Kris sogar vorne auf dem Motorrad mitfahren ließ. Natürlich im Schritttempo, aber Kris hatte seinen Spaß. Die Oasentour umfasste den Besuch von sehr beeindruckenden Salzseen, der Quelle von Kleopatra, den Berg der Toten, dem Orakeltempel und einer Insel, von der aus wir nochmals einen sehr beeindruckenden Sonnenuntergang erleben durften.

Freitag, 26.01.24: Am Morgen machten wir uns mit dem Bus auf dem zurück nach Alexandria, von wo aus wir in der Nacht zurückfliegen sollten. Auf halbem Weg machten wir Halt in Marsa Matruh, eine Stadt an der Mittelmeerküste, in der vor allem die Ägypter selbst Urlaub machen. Wir machten ein paar schöne Fotos am menschenleeren Strand und fuhren ein paar Stunden später weiter. In Alexandria lernten wir noch ein paar nette Ägypter in einem Restaurant kennen, die von Kris gar nicht genug bekommen konnten. Sie spielten und scherzten mit ihm. Und dies endlich mal ohne irgendwelche Hintergedanken…

Für mich ging mit der Besichtigung der verschiedenen Sehenswürdigkeiten und der Nilkreuzfahrt ein Traum in Erfüllung. Vor gut sechs Jahren war ich ja schon einmal in Kairo und Sharm-El-Sheikh gewesen. Und gerade die Pyramiden von Gizeh hatten mich damals schon regelrecht umgehauen. Ich bin froh, dass ich nun auch die anderen Attraktionen wie den Abu-Simbel-Tempel und den Assuan-Staudamm gesehen habe.

Aber ich glaube nicht, dass ich noch einmal nach Ägypten zurückkehren werde. Denn die Ägypter selbst vermiesen einem schon ein bisschen einen Urlaub, der eigentlich unbeschwert sein sollte. Sie versuchen einen ständig in einer „Blase“ zu halten, in der wir als Rucksack-Touristen einfach nicht sein wollen. Und wenn ich von „den Ägyptern“ spreche, meine ich vor allem die, die in der Tourismusbranche arbeiten. Dabei ist der Kontrast zwischen der strengen Gläubigkeit und der Skrupellosigkeit, wie sie versuchen, die Touristen zu bescheißen, schon sehr auffallend. In den meisten Städten waren die Menschen schon sehr konservativ und hielten sich strikt daran, die Aufrufe zum Gebet zu befolgen. Wahrscheinlich müssen sie jedes Mal um Vergebung bitten…

Aber wie gesagt, wir haben gerade in nicht so touristisch geprägten Städten wie Alexandria oder in der Siwa-Oase Menschen getroffen, die einfach nur herzensgut und wirklich gastfreundlich waren. Und wie klein die Welt doch ist, zeigte sich dann auch in Siwa. Als wir eines abends durch die Straßen schlenderten, trafen wir auf einmal Rania und den jungen Mann aus Oman wieder. Als sie auf dem Schiff von uns erfahren hatten, dass dies unser nächstes Reiseziel war, hatten sie sich spontan zusammen dazu entschlossen, auch hierher zu kommen. Und die beiden waren ebenso begeistert von der Oase wie wir.